Falsche Ratgeber für das Training

Vor Jahren leitete ich ein Trainingszentrum für ein großes Industrieunternehmen. Zur Qualitätssicherung schaute ich mir regelmäßig die Inhalte der Schulungsangebote an. Dabei fiel mir auf, dass bei technischen Schulungen oft sehr komplexe Fehler bearbeitet wurden. Die ganz einfachen Probleme - wie sie überall und häufig auftraten, fehlten jedoch. 

 

Also fragte ich die Trainer, warum sie denn eher ein Szenario im Kernkraftwerk oder Flughafen durchspielen, statt eine Standardsituation, wie sie täglich in der Praxis vorkommt? Die Antwort war einfach: Wir bekommen diese Szenarien aus der Entwicklungsabteilung. Es sind Fälle, die im Support nicht gelöst werden konnten und deshalb in der Entwicklungsabteilung gelandet waren. Es waren alles Szenarien, die bei sehr großen Anlagen aufgetreten waren, die vermutlich 5% des Anlagenbestands ausgemacht haben. 

 

Danach analysierte ich den Fehler-Lösungsweg:

 

  • Ein Techniker hat ein Problem. Er fragt seinen Kollegen. Der Kollege hat eine Lösung. Fertig.
  • Weiß der Kollege keine Lösung, fragt er den Standort-Experten. Dieser hat eine Lösung. Fertig.
  • Weiß der Standort-Experte keine Lösung, fragt dieser die anderen Standorte, Regionen, ... Fertig

Erst wenn mehr als drei Instanzen keine Lösung wußten, wanderte das Problem in den Support. Ein Bruchteil davon ging in die Entwicklung. Die Entwicklung war für die fachliche Abnahme der Trainingsinhalte verantwortlich. Also kamen nur die high-end Probleme ins Training.